Unter Archäologen gar nicht gern gesehen sind die Metalldetektoren, die weite Verbreitung bei der Schatzsuche und ähnlichem haben. Warum? Archäologen werden sehr ungern mit Schatzsuchern verglichen, ist doch der Anspruch Wissen zu gewinnen und nicht materielle Schätze auszugraben. Der Unwille kommt nicht zuletzt daher, dass Archäologen es sehr oft erst zu spät an die Stätte solcher “Schätze” schaffen und dann den Schaden haben: Eine umgegrabene Fundstelle verliert ihren wissenschaftlichen Wert, da die Veränderungen im Fundbereich dann oft keine Rückschlüsse mehr zu den Fakten zulassen, die für die Wissenschaft wertvoll sind. Was jeder Krimi -Leser oder Seher weiß: Am Tatort nichts anfassen! Das gilt eigentlich auch für Archäologische Fundstätten in einer nicht ganz so restriktiven Form.
Deshalb ist dem wahren Archäologen auch der populärste “Vertreter” seiner Zunft, der Filmheld Indiana Jones aus der Reihe “Jäger des verlorenen Schatzes” mehr Graus als Vergnügen. Denn was da passiert ist eben oft mehr Schatzsucherei und keine seriöse Arbeit.
Trotzdem macht es manchmal Sinn diese Detektoren zu verwenden. Zum Beispiel kontrollieren wir auf der Burg Wersau unseren Aushub meistens noch einmal mit einem Metalldetektor um sicher zu gehen, dass die seltenen Metallteile uns nicht entgehen. Eine Münze zum Beispiel ist klein genug um bei den gröberen Arbeiten übersehen zu werden. Nur selten kommt es dazu, dass die großen tragbaren Detektoren zum Einsatz kommen. So wie vor einigen Wochen, als sich wieder einmal die Gelegenheit ergab.
Das bereits im vorigen Jahr freigelegte Pflaster aus dem 16. -17. Jahrhundert ist für die Detektoren ein hervorragendes Gelände. Dabei geht es um die Ritzen zwischen den Steinen in denen naturgemäß im Laufe der Zeit alles gelandet sein sollte, was auf demselben verloren gegangen war.
Bereits beim einfachen säubern mit Besen und Spachtel sind hier Reihenweise Hufnägel und andere Eisenteile aufgetaucht. Oft lässt sich deren Originalität schwer bestimmen, da Eisen bekanntlich rostet und so auf Dauer aufquillt und seine ursprüngliche Form verliert. In vielen Fällen kann man da nur noch raten.
Einige besondere Stücke kamen aber dennoch zum Vorschein. So fanden sich eine Reihe von sogenannten Rechenpfennigen. Diese sehen aus wie die üblichen Münzen, erfüllen aber einen anderen Zweck. Das waren praktisch die Rechenmaschinen der frühen Neuzeit:
Auf einem Brett und einer darauf eingetragenen Linie wurden die Pfennige durch abzählen verschoben und erleichterten so das Addieren. Das war vor der Einführung der arabischen Ziffern sicher eine deutliche Erleichterung. Denn die verwendeten römischen Zahlen lassen sich für das schriftliche Addieren, so wie wir es kennen, nicht nutzen.
Glanzstück der Funde war allerdings ein becherförmiges Artefakt, dass auf dem Detektor zu kräftigen Ausschlägen führte. Wozu dies wohl einst gedient hat führte zu zahlreichen Spekulation. Wenn Sie möchten, können Sie an dieser Stelle mit spekulieren. Hier sind zunächst einige Bilder.
Das Artefakt besteht aus Bronze oder Messing, ist von der Seite sehr gut erhalten, hat aber wohl einen Tritt abbekommen, sodass der ehemals geschlossene Boden zerstört wurde. Die Form kann man sich aber mit verschiedenen Perspektiven noch sehr gut Vorstellen.
Es handelt sich um einen Schröpfkopf. Das ist ein Werkzeug der mittelalterlichen Medizin, das zum Schröpfen verwendet wurde. Dafür wurde der Metallkörper erwärmt und anschließend auf der Haut des Patienten aufgebracht. Durch die Abkühlung des Körpers entsteht im inneren ein Unterdruck, der den Schröpfkopf auf der Stelle hält und dafür Sorgen soll, dass schädliche Stoffe “ausgeleitet” werden. Dieses Verfahren wird bis Heute in der sogenannten alternativen Medizin verwendet. Eine Wirksamkeit ist allerdings nicht wissenschaftlich nachweisbar.
Es handelt sich um ein sehr schönes Stück, das dank des Materials sehr gut erhalten ist. Ähnliche Stücke aus derselben Periode finden sich in Museen und sind interessanterweise recht ähnlich. Wie unser Schröpfkopf auf dem Hof des Schlosses verloren ging, darüber können wir nur Spekulieren. Da Metall in früherer Zeit immer einen höheren Wert hatte und auch zerstörte Stücke mindesten wieder eingeschmolzen wurden, muss der Verlust wohl unbemerkt geblieben sein. Vorstellbar ist, dass es bei einer Plünderung im 30-jährigen Krieg verlustig ging und das in der Eile nicht aufgefallen ist. Wir wissen, dass ein Angriff auf Wersau im Jahre 1622 geschehen ist, bei dem die Burg zerstört wurde. In diese Zeit passt der Schröpfkopf und auch die Rechenpfennige sehr gut hinein.