Burg Wersau – Das erste Mal auf einer Ausgrabung

von Leonie Apostel und Alexander Marder

Am 11. November 2017 waren wir zu Besuch auf dem Gelände der Burg Wersau in Reilingen
in der Nähe von Heidelberg. Wir sind Studierende des Karlsruher Instituts für Technologie
der Fachrichtung Wissenschaft – Medien – Kommunikation und momentan im 3. Semester.
Für die Übung Medien- und Öffentlichkeitsarbeit hatten wir den Auftrag, uns dort
umzusehen und die Archäologen, Ehrenamtlichen und den Arbeitskreis zu ihrer Tätigkeit zu
befragen, um daraus einen Beitrag zu erstellen, der entweder auf dem Blog der Burg
Wersau, dem WMK Blog, dem Campusradio oder auf anderen medialen Formaten
erscheinen sollte. Wir haben uns entschieden einen Beitrag für die Burg Wersau zu verfassen
und dahingehend die Beteiligten ein bisschen ausgequetscht.

Doch was ist die Burg Wersau überhaupt?

Für die die es noch nicht wissen: Bei der Burg handelt es sich um eine abgegangene
Niederungsburg. Das bedeutet, dass von der Burg, welche auf einer Ebene oder sogar im Tal
liegt, noch weniger erhalten ist, als von einer Burgruine. Das Land, auf dem sie gebaut
wurde, gehört zur heutigen Gemeinde Reilingen.
Da die Burg historisch wichtig ist, ihre Geschichte jedoch weitestgehend unerforscht war, ist
seit 2010 eine Arbeitsgruppe dabei, das Gelände nach Funden zu durchforsten. So soll der
genaue Bauplan und die Bedeutung der Burg rekonstruiert werden.
Wir haben uns vor allem mit dem Archäologiestudenten Jonas unterhalten, der seit
mehreren Jahren ehrenamtlich bei der Grabung mithilft. Er hat uns vom Alltag bei einer
Grabung und von deren genauen Ablauf erzählt, woraus wir eine Checkliste mit den
einzelnen Schritten erstellt haben. Für diejenigen unter uns, die schon immer mal selbst eine
Ausgrabung in die Wege leiten wollten!

Ausgrabung to go:
Die Voraussetzung einer jeden Grabung ist die Vermutung, an der Stelle etwas Interessantes
finden zu können. Ist diese nicht gegeben, wäre eine Grabung unsinnig.
Stellen Sie sich aber nun vor, dass Sie beispielsweise bei Bauarbeiten auf dem eigenen
Grundstück auf Teile einer ehemaligen Burg stoßen. Was nun? Wie wird vorgegangen?
1. Genehmigung: Die Bürokratie ruft! Zuerst muss ein Antrag ans Denkmalamt gestellt
werden, dass an vorgesehener Stelle überhaupt gegraben werden darf. Ist der
Grabungsleiter nicht Eigentümer vom Grundstück, braucht er selbstverständlich auch die
Genehmigung vom Besitzer – entweder einer Privatperson oder der Gemeinde. Sind alle
Anträge bewilligt kann es auch schon losgehen
2. Grabungsraster anlegen: Das gesamte Gelände wird vermessen und die Fläche in
Quadrate eingeteilt, sodass ein Vermessungsnetz entsteht auf dem man etwaige Funde
später vermerken kann.
3. Erster Schnitt: Je nachdem auf was für einem Gelände man sich befindet erfolgt der erste
Schnitt von Hand oder mit technischer Hilfe. Ist das Gelände zum Beispiel ein ehemaliger
Parkplatz – der Grund also betoniert oder geteert – wird die obere Schicht mit einem Bagger
abgehoben. Handelt es sich um normalen Boden, wird direkt von Hand – mit Hilfe von
Spaten, Schaufeln und Kellen – begonnen zu graben. Hat man die gewünschte Tiefe erreicht,
wird der Boden glatt gekratzt, um Erdverfärbungen, Textur des Untergrunds oder
Einschlüsse besser erkennen zu können.

Wichtigstes Werkzeug: Eine Kelle

Weiteres Werkzeug

 

 

 

 

 

 

4. Einmessen: Wenn man dann tatsächlich einen auffälligen Fund auftut oder sonstige
Auffälligkeiten am Boden bemerkt, werden diese genau mit einer Vermessungsstation, dem
so genannten Tachymeter, eingemessen. Sie gibt die exakte Position des Fundes an. Wird
solch eine Station auf der Burg Wersau benötigt, dann wird sie vom Frühgeschichtlichen
Institut Heidelberg ausgeliehen.

Kleine Fundstücke vom Gelände

Merkwürdiger Fund: Metallwanne, deren Existenz sich nicht erklären lässt

Manchmal stößt man
auch auf seltsame
Funde, die keinen
Sinn ergeben, da sie
zeitlich nicht zur
Fundstelle passen.
Auch auf der Burg
Wersau gab es solch
einen Fund, dessen
Ursprung bis heute
nicht geklärt werden
konnte.

 

5. Dokumentation: Diese Informationen werden im Grabungssystem eingetragen.
Bei der Dokumentation gibt es folgendes 3-Schritte System:
1. Beschreiben: Wo auf dem Gelände wurde was gefunden?
2. Fotografieren: Die Funde werden zur Katalogisierung als Fotografie festgehalten
3. Zeichnen: Um individuelle Eindrücke mit einzubeziehen, wird der Fund ebenfalls von Hand
gezeichnet. Da der Fund aus mehreren unterschiedlichen Dingen bestehen kann wird er in
der Zeichnung so dargestellt wie der Zeichner den Fund interpretiert. Beispielsweise können
unbedeutende Einzelheiten bei einer Zeichnung weggelassen werden. Bei einer Fotografie
hingegen wird keine Entscheidung getroffen, da der Fund tatsächlich so abgebildet wird wie
er vorgefunden wurde. Auf einem Foto sind also sämtlichen Details zu sehen, die unter
Umständen aber auch irrelevant sind und vom Wesentlichen ablenken können.
Die Funde werden ausgewertet, katalogisiert und eingelagert. Doch nicht alle Funde
verschwinden in einem Archiv – auf besonders wertvolle Ausgrabungsstücke, wie Münzen
oder komplett erhaltene Gegenstände, wartet der Aufenthalt als Ausstellungsstück in einem
Museum.

Auf der Burg Wersau gibt es sogar ein ganz eigenes
kleines „Freilichtmuseum“ mit Funden vom Gelände:

Freilichtmuseum auf dem Gelände der Burg

6. Zwei Möglichkeiten die Grabung weiterzuführen:
Planumsgrabung: Hierbei wird die Erde horizontal, in gleich dicken Schichten abgehoben,
sodass eine ebene Fläche zurückbleibt, die dokumentiert wird.
Stratigraphische Grabung: Die einzelnen Schichten werden ihrem natürlichen Verlauf
folgend abgetragen, was einen deutlich höheren Zeitaufwand, aber auch eine viel bessere
Zuordnungsmöglichkeit der Funde mit sich bringt.
In der Praxis wird meistens jedoch eine Mischung aus beidem angewendet, abhängig von der
zur Verfügung stehenden Zeit oder der Dringlichkeit, exakte Zuordnungen machen zu
müssen.
7. Publikation: Im besten Fall endet jede Ausgrabung damit, dass die Ergebnisse in einer
Publikation festgehalten werden, auch damit die Erkenntnis an künftige Forscher oder
Interessierte weitergegeben werden kann. Darin werden Funde aufgegriffen und in
Zusammenhang mit der bisherigen Geschichte des Ortes und der Umgebung gesetzt. Am
besten sollte diese Arbeit von jemandem geschrieben werden, der selbst bei der Ausgrabung
beteiligt war.

Burg Wersau – eine Zukunftsvision

Dass es bei einer Ausgrabung nach einer gewissen Zeit nichts mehr zu finden gibt, ist klar –
was aber passiert mit dem Gelände dann?
Für das Projekt „Burg Wersau“ gibt es diverse Visionen, was nach Beendigung der
Ausgrabung mit dem Gelände geschehen könnte. Zum einen wäre es denkbar ein Museum
mit den dort zutage gebrachten Fundstücken zu eröffnen, andere Pläne zielen auf die
Umsetzung diverser pädagogischer Konzepte ab, welche das Interesse und die Mitarbeit von
Schülern an der Archäologie fördern sollen.
Fest steht zu diesem Zeitpunkt, dass die Ausgrabung die nächsten Jahre noch weiterlaufen
wird wie gehabt, und im Laufe der Zeit dann der künftige Verbleib weiterverhandelt wird.