Dirk Müller steigt als Investor bei Wersau aus

Artikel aus der Schwetzinger Zeitung vom 03.12.2016 (Text Jürgen Gruler)

Schlossmühle: Drei Jahre Wartezeit auf Bebauungsplan sind Investor zu viel / Freie Wähler und CDU fordern Einstieg der Gemeinde

Dirk Müller steigt aus dem Projekt Schlossmühle aus und zieht sich als möglicher Investor für einen Wiederaufbau mit Museum, Archäologiepark, acht bis zehn Ferienwohnungen, Trauzimmer, Veranstaltungsraum und Gastronomiebereich zurück. Die Gründe hat er Bürgermeister Stefan Weisbrod unmissverständlich in einem Brief dargelegt: Nach inzwischen drei Jahren seit dem Grundsatzbeschluss habe es die Gemeinde nicht fertiggebracht, den Bebauungsplan fertigzustellen und damit die Voraussetzung für eine Umsetzung des Projektes zu schaffen.

Die Ergebnisse der Grabungen auf dem Wersaugelände haben die Erwartungen des Arbeitskreises bei weitem übertroffen. Wie werden sie künftig präsentiert?

Die Ergebnisse der Grabungen auf dem Wersaugelände haben die Erwartungen des Arbeitskreises bei weitem übertroffen. Wie werden sie künftig präsentiert?

Die Verwaltung habe weder die monatliche Information über den Sachstand wahrgenommen noch die dauerhafte Streitsituation mit den Nachbarn befriedet. Deshalb ziehe er sich schweren Herzens zurück, stehe aber weiterhin für Gespräche über alternative Entwicklungsmöglichkeiten bereit.

Beständige Drucksituation

Dass Müller, der gleich neben den Ausgrabungen wohnt, sauer ist, kann man verstehen. Denn auf seinen Brief vom 10. Oktober hat er bis heute noch nicht mal eine Antwort aus dem Rathaus bekommen. Dabei hat der Reilinger Bub Müller, der sonst auf dem Börsenparkett und als Experte im Fernsehen aktiv ist, sogar noch Verständnis für Bürgermeister Weisbrod und dankt diesem für die “anfängliche Unterstützung. Ich kann die zunehmende Distanzierung aufgrund der beständigen Drucksituation durch die opponierenden Parteien nur allzugut nachvollziehen.”

Kritik kam vor allem von der CDU und der FDP, die von Anfang an gegen das Projekt stimmten. Umso überraschender scheint da ein Antrag, den CDU-Fraktionschef Peter Kneis am 9. November bei der Gemeindeverwaltung eingereicht hat.

Heimatmuseum und Trauzimmer

Dort heißt es, die Gemeinde solle zusammen mit der eigenen Wohnungsbaugesellschaft auf dem Schlossmühlenareal ein “Heimatmuseum mit Lagerräumen und Werkstatt zur Durchführung von archäologischen Grabungen planen und bauen. Auch ein Trauzimmer und einen Wintergarten, der für anschließende Sektempfänge und Sonderausstellungen genutzt werden könne, sowie Ferienwohnungen im Obergeschoss befürwortet die CDU jetzt. Allerdings keine ständige Gastronomie mit Außenbereich und keinen Veranstaltungssaal.

Auf Nachfrage unserer Zeitung, woher der Sinneswandel komme, sagt Peter Kneis: “Die CDU war nie grundsätzlich gegen das Projekt, sondern nur gegen seine Ausprägung und Größe, die die Nachbarschaft zu sehr belastet hätte.” Für das Heimatmuseum sei es im “Löwen” zu eng.

Die Grabungen seien zwar “das Hobby einiger weniger Reilinger”, aber man solle die Ergebnisse doch allen Bürgern zugänglich machen, so Kneis. Die CDU habe es gestört, dass die Gastronomie von Gespräch zu Gespräch immer größer geworden sei – vom kleinen Ausschank über ein Bistro bis hin zu 400 Quadratmetern Außengastronomie mit neuer Parkfläche auf einer heutigen landwirtschaftlichen Fläche.

Burg “Geschenk für die Gemeinde”

Sabine Petzold von den Freien Wählern hat das Schlossmühlenareal immer als Herzenssache betrachtet. Sie war mit Otmar Geiger und Dirk Müller eine der Ideengeberinnen. Und sie wundert sich schon über die plötzliche Aktivität der CDU, nachdem sie zwei Tage zuvor angekündigt hatte, einen Antrag in diese Richtung zu stellen. Die Burg Wersau sei ein “Geschenk für die Gemeinde, das man langfristig sehen muss. Immer mehr Bürger interessieren sich dafür. Die geschichtliche Bedeutung ist enorm und künftig werden Hotels und Gastronomen davon profitieren”, ist sich Petzold sicher.

Ein Museum, das auch die Bereiche aus dem heutigen “Löwen” einbezieht und eine Begegnungsstätte für alle müssten hier das Ziel sein. Deshalb fordern die Freien Wähler Bürgermeister Weisbrod auf, nächstes Jahr 100 000 Euro in den Haushaltsplan einzustellen, um nun in Eigenregie ein neues Projekt zu planen. Sie bedauert es ausdrücklich, dass nun die Gemeinde investieren müsse, wo man doch alles von einem Investor bekommen hätte.

Funde übertreffen Vorstellungen

Dirk Müller betont im Gespräch mit unserer Zeitung, dass er sich vom Schlossmühlenprojekt keine wirtschaftlichen Vorteile erhofft hatte. “Ich habe eine Menge Vorarbeit geleistet und da auch Geld hineingesteckt. Ich war auch bereit, auf alle Anregungen und Vorschriften einzugehen. Durch das Eingehen eines Erbpachtvertrages wäre das Grundstück für immer bei der Gemeinde verblieben. Es sollte die Erforschung unserer Geschichte ermöglicht werden. Und die bis jetzt gefundenen Ausgrabungsstücke sprengen ja längst sämtliche Vorstellungen, die wir davor hatten. Gastronomie und Ferienwohnungen sollten dafür sorgen, dass sich das Projekt selbst trägt. Aber das wurde von Anfang an von bestimmten Gemeinderäten abgelehnt, die vor allem die Interessen einzelner Mitglieder über die der Allgemeinheit und der ganzen Gemeinde gestellt haben”, sagt er.

Er habe nach der Abstimmung Ende 2013 für das Projekt gehofft, dass das demokratisch akzeptiert werde, und er habe versucht, alle Diskrepanzen zu beseitigen, aber das Projekt sei zu einem Spaltpilz im Gemeinderat geworden, bei dem heute nur noch Anwälte auf jeden Fehler lauern.

Weisbrod: Hausaufgaben machen

Dass Dirk Müller jetzt als Investor ausgesteigen ist, heißt für Bürgermeister Stefan Weisbrod nicht, dass das Projekt zu Ende ist. Und er gibt zu: “Wir müssen jetzt erst mal unsere Hausaufgaben machen.” Damit meint er den Bebauungsplan – im Außenbereich ist das eine schwierige Sache, da zahlreiche Behörden mitzureden haben. Aber er ist zuversichtlich, dass man ihn bald offenlegen kann. Zum zweiten Mal übrigens, weil die erste Offenlage durch eine von der Verwaltung verschuldete Nichteinhaltung einer Frist, ein Formfehler, den der Rechtsanwalt der Nachbarn aufdeckte, wiederholt werden muss. Weisbrod sieht selbst, dass ” wir wesentlich mehr Zeit gebraucht haben, als geplant.

Andererseits habe man so tolle archäologische Funde gemacht, dass an einen Baubeginn sowieso noch nicht zu denken gewesen wäre. Nächste Woche wolle man mit den Nachbarn sprechen, eine Zerrüttung durch das Projekt könne er weder im Gemeinderat noch in der Bevölkerung erkennen, so Weisbrod weiter. Er wolle nun das Projekt in den vorhandenen Nutzungsschablonen weiterentwickeln und könne sich gut vorstellen, dann nochmals auf Dirk Müller zuzugehen. “Aber wie gesagt, wir müssen jetzt erst mal das Planungsrecht zum Abschluss bringen”, sagt der Bürgermeister.

© Schwetzinger Zeitung, Samstag, 03.12.2016

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